Sonntag, 17. Januar 2016

Die Medienfreiheit nimmt in der Türkei rapide ab

Der Chefredakteur der bekannten türkischen Zeitung „Cumhuriyet“ Can Dündar und der Leiter des Büros in Ankara Erdem Gül sitzen seit dem 27. November 2015 im Gefängnis. Sie sind wegen Spionage, der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen und der Unterstützung der PKK angeklagt. Die Klage dazu kam von Staatspräsident Erdogan höchstpersönlich.


Wegen der Veröffentlichung eines Artikels, dem zufolge der Geheimdienst Waffenlieferungen für islamistische Extremisten nach Syrien geschickt hat, drohen den beiden Journalisten nun lebenslange Haftstrafen. Dündar und Gül verfügen über Bilder auf denen ein Lastwagenkonvoi zu sehen ist, welcher (angeblich) den Gegnern des syrischen Präsidenten Assad Waffen und Munition liefert.

Nach der Veröffentlichung in der Zeitung „Cumhuriyet“ gab es in der Türkei eine politische Aufruhr. Staatspräsident Erdogan verkündete, dass Chefredakteur Dündar für seine Spionage einen hohen Preis zahlen werde.

Der Chefredakteur Dündar verteidigte das Vorgehen der Redaktion damit, dass „wir Journalisten und keine Staatsdiener sind. Unsere Pflicht besteht nicht darin, schmutzige Geheimnisse des Staates zu vertuschen, sondern ihn im Namen des Volkes zur Rechenschaft zu ziehen“.

Die Regierung behauptete zuerst, dass die Waffen zwischen zwei Waffenlagern des Geheimdienstes hin- und her geschoben wurden. Als nächstes sprach man davon, dass es sich um Lebensmittel und Medikamente für die syrische Opposition handelte. Dann wurde wiederum verkündet, dass es doch Waffen waren. Man hätte sie den Turkmenen in Syrien gegeben. Ist halt blöd, dass die laut eigener Angaben nix bekommen haben... Tja dann hat die Regierung nix mehr gesagt, das ganze zum Staatsgeheimnis erklärt und Dündar und Gül verhaften lassen...

„Cumhuriyet“ hat am 29. Mai 2015 auf der Titelseite einen Artikel über eine Waffenlieferung des türkischen Geheimdienstes MIT nach Syrien veröffentlicht. Dafür müssen sich Dündar und Gül nun vor Gericht verantworten...

Seit dem Wahlsieg der AKP-Partei von Erdogan am 1. November, wurde es für die Journalisten immer ungemütlicher. Gerade die älteste Tageszeitung der Türkei „Cumhuriyet“, hat sich seit der Machtergreifung durch die AKP, besonders stark als unparteiischer Berichterstatter hervorgetan. Dafür wurde sie auch von der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ mit dem Preis für Pressefreiheit ausgezeichnet.

Dündar und Gül sitzen übrigens im Gefängnis von Silivri, in Einzelhaft. Dort sind noch weitere 30 Journalisten „beherbergt“. In Einzelhaft...

Präsident Erdogan hat aber immerhin eine Justizreform durchgeführt. Diese führte dazu, dass aus 12.000 Richtern und Staatsanwälten 80 „loyale Personen“ ausgewählt und zu „Friedensrichtern“ ernannt wurden. Dank spezieller Vollmachten dürfen diese der Polizei Anweisungen geben. Sie können diese dazu auffordern Personen festzunehmen. Dafür ist ein „begründeter Verdacht“ auf Terror notwendig. Die Entscheidungen der Friedensrichter können übrigens nur durch andere Friedensrichter aufgehoben werden... Ach ja und das gilt so lange bis ein ordentliches Gericht ein Urteil zu dem Fall gesprochen hat. Das kann lange dauern...

Ob die Entscheidung eines „Friedensrichters“ durch einen zivilen Richter aufgehoben werden kann? Aber selbstverständlich! Es müssen halt nur vorher sämtliche „Friedensrichter“ befragt werden... Einmal ist das bereits geschehen! Ein ziviler Richter setzte Hidayet Kacara (Leiter einer internationalen Mediengruppe) aus Mangel an Beweisen frei! Die Geschichte ist damit aber noch nicht zu Ende. Der „Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte“ - diese 22 Mitglieder werden allesamt durch den Staatspräsidenten und die Regierung ernannt... dieser „Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte“, setzt danach den Richter ab und brachte ihn hinter Gitter...


Noch Fragen Euer Ehren?

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